Der Kukident-Tourismus – und so sieht’s wirklich aus:



 
Da bin ich wieder! Und ich kann dir gleich einen Nachschlag zum letzten Beitrag servieren: Nämlich ein Beispiel, wie Krankenkasse und Gericht eine »ausgelagerte« Versorgung bewerteten.

Der Fall: Der Heil- und Kostenplan eines deutschen Zahnarztes wies nach Abzug des von der Krankenkasse bewilligten Festzuschusses in Höhe von 3600 Euro für die Brückenversorgung im Ober- und Unterkiefer seiner Patientin einen Eigenanteil von rd. 1400 Euro aus. Zuviel, sagte sich diese. Und um den Eigenanteil zu um- gehen, investierte sie den in Aussicht gestellten Kassenzuschuss in eine Auslandsbehandlung.

Die Dame ließ ihre Zähne also in Polen sanieren, wo die Behandlungskosten geringer als die Zuschusssumme waren und diese damit sogar einen kleinen Teil der Reisekosten deckten. Klug gerechnet, könnte man meinen. Es gilt aber: Dumm gelaufen.

Denn kaum hatte die Patientin die Rechnung des polnischen Zahnarztes bei ihrer Krankenkasse eingereicht, holte diese ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. In der Stellung- nahme des MDK heißt es, dass die am Unterkiefer durchgeführten Arbeiten Mängel aufweisen und die dort eingesetzte festsitzende (!) Brückenversorgung nicht den in Deutschland geltenden Qualitäts- und Konstruktionskriterien entspreche. Woraufhin die Kasse die Bezuschussung der Versorgung im Unterkiefer (1900 Euro) natürlich strich. 
 
Wenn du mitgerechnet hast, kommst du schon an dieser Stelle auf wesentliche höhere Kosten, als der berechnete Eigenanteil ausgewiesen hatte. Aber damit nicht genug.

Die Patientin reichte Widerspruch ein, denn die Versorgung sei nach dem in Deutschland erstellten Heil- und Kostenplan erfolgt und die Praxis in Polen übernehme für die nächsten zwei Jahre eine Garantie. Doch die Kasse blieb bei ihrer Argumentation. 

Die Frau zog daraufhin vor Gericht und erhielt zunächst recht. Die Krankenkasse reichte jedoch Revision ein und die nächste Instanz wies die Klage nun ab.

Bei dem Urteil spielten übrigens die Mängel an der Brücke keine Rolle, entscheidend war, dass kein Heil- und Kostenplan der polnischen Zahnarztpraxis vorlag und die Auslandsbehandlung somit nicht im Voraus von der Krankenkasse genehmigt werden konnte.

Fazit: Außer Spesen nichts gewesen. Und dann frage ich mich, warum die Frau, die ja so gut rechnen kann, nicht vorher bei der Krankenkasse nachgefragt hat. Zu einfach?

Quellen:
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Az.: L 4 KR 169/17, Urteil vom 14. Mai 2019
Vorinstanz: Sozialgericht Braunschweig, Az.: S 31 KR 124/14, Urteil vom 15. März 2017

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